Das Unternehmen Drillisch, das unter anderem hinter WinSim, DeutschlandSim und Smartmobil steckt, erhöht bei vielen Handyvertrags-Bestandskunden offenbar die Preise. So liegt mir unter anderem ein Schreiben vor, in dem WinSim ankündigt, die monatliche Grundgebühr ab dem 01.05.2017 um zwei Euro zu erhöhen. Der Preis der Allnet-Flat würde mit dieser Preiserhöhung also von 6,99 Euro auf 8,99 Euro steigen.
Was sind die Hintergründe dieser Aktion, mit dem viele sehr günstige Handytarife deutlich teurer werden? Kann man der Preiserhöhung widersprechen? Was bedeutet ein Widerspruch? Und wie beurteilen Verbraucherschützer dieses Vorgehen? Ich habe da mal nachgefragt. Der Überblick:
Inhaltsverzeichnis
Drilllisch-Preiserhöhung widersprechen: So geht’s online (z.B. WinSim)
Wer eine solche Mitteilung der Preiserhöhung von WinSim, DeutschlandSim oder einer anderen Drillisch-Marke bekommen hat, der kann der Preiserhöhung widersprechen. Das kann man bei WinSim, DeutschlandSim und den anderen Marken direkt online in der “Persönlichen Service-Welt” erledigen – oder schriftlich per Mail oder Brief.
Für den Widerspruch der Preiserhöhung hat WinSim einen eigenen Bereich in der “Persönlichen Service-Welt” eingerichtet (https://service.winsim.de). Da derzeit offenbar vor allem WinSim-Kunden betroffen sind: Hier der Weg, wie man online widersprechen kann. Das sollte aber auch bei den anderen Drillisch-Marken auf diesem Weg funktionieren, weil die “Persönliche Service-Welt” bei den Marken gleich aufgebaut ist.
Der Link zum Widerspruch findet sich unter “Mein Vertrag”:
Wenn man dies auswählt, öffnet sich die folgende Seite, auf der man den Widerspruch bestätigen kann:
Mit einem Klick auf den Button “Weiter” öffnet sich dann das folgende Fenster:
Dort noch auf den Button “Ich widerspreche” klicken – und damit sollte der Widerspruch eigentlich erledigt sein.
Eigentlich. Denn das funktioniert derzeit offenbar nicht richtig. Ich zumindest bekam nach dem Klick auf den Button diese Meldung:
Einen Tag später ist der Widerspruch allerdings trotzdem korrekt im System vermerkt. Denn nachdem ich mich erneut im System angemeldet und auf “Widerspruch” geklickt hatte, bekam ich folgende Meldung:
Demnach läuft der Vertrag vorerst also zu den alten Konditionen weiter (also billiger). Interessant: WinSim spricht in der Meldung davon, man könne den Widerspruch zurücknehmen und damit “Ihren verbesserten Tarif nutzen”.
Von welcher Verbesserung die Rede ist?
Tja: Es gibt keine.
Zwar ist EU-Roaming ab Mitte Juni 2017 bei dem Vertrag inklusive. Dazu ist WinSim aber ohnehin gesetzlich verpflichtet, das ist keine optionale Zusatzleistung.
Wem diese Art des Online-Widerspruchs zu unsicher ist: Man kann der Drillisch-Preisanpassung natürlich auch schriftlich widersprechen.
Welche Drillisch-Marken sind betroffen?
Derzeit bekommen offenbar vor allem Kunden der Marke WinSim die Mitteilung der Preiserhöhung. Aber auch von einem Kunden bei DeutschlandSim habe ich per Mail erfahren, dass bei ihm der Preis erhöht werden sollte. Er widersprach – und der Vertrag läuft derzeit zu den bisherigen Konditionen weiter.
Es könnte aber auch sein, dass Kunden von Simply, Maxxim und anderen Drillisch-Marken ähnliche Briefe bekommen (werden). Vor allem Verträge mit einer Grundgebühr unter 10 Euro monatlich sind offenbar betroffen. Zu diesem Eindruck kommt man zumindest, wenn man sich Beiträge in diversen Foren im Internet anschaut.
Wie stark steigt die Grundgebühr? Und wann?
In der Regel um ein bis zwei Euro pro Monat. Das ergibt sich aus diversen Nutzerkommentaren in Online-Foren und Artikeln im Netz. Auch mir liegen einige Schreiben vor, in denen von einer Erhöhung um ein bis zwei Euro die Rede ist. Bei einem niedrigpreisigen Tarif von 4 Euro im Monat kann das eine Steigerung von knapp 50 Prozent ausmachen.
Die Preiserhöhung ist in den mir vorliegenden Schreiben für den 1. Mai 2017 vorgesehen. Kunden, die über die Preiserhöhung informiert wurden, haben also sechs Wochen Zeit, darauf zu reagieren. Wer nicht reagiert, der zahlt dann die höhere Grundgebühr.
Wie informiert Drillisch (z.B. WinSim) die Kunden?
Recht vage. Einige Kunden haben eine Mail erhalten, dass in ihrem Online-Service-Bereich neue Informationen für sie bereitliegen würden. Andere haben von WinSim eine entsprechende Mitteilung per SMS bekommen.
Von einer Preiserhöhung ist dort zunächst aber nicht die Rede. Davon erfährt man erst, wenn man sich unter https://service.winsim.de einloggt und dort unter “Mein Vertrag” auf “Aktuelle Informationen” klickt. Dann erscheint dort ein Text in dieser Form:
Immerhin informiert WinSim korrekt darüber, dass man widersprechen kann. Dafür hat der Kunde sechs Wochen Zeit.
Was bedeutet der Widerspruch?
Der Vertrag würde zunächst zu den bisherigen Konditionen weiterlaufen. Vor allem bei den Verträgen mit monatlich kündbarer Laufzeit könnte es aber passieren, dass WinSim dem Kunden kündigt. Darauf weißt WinSim die Kunden hin, wenn man online widersprechen möchte:
WinSim behält sich also vor, den Vertrag dann zu kündigen. Das ist bei einem Vertrag mit monatlicher Kündbarkeit kein Problem. Denn dass ein Vertrag monatlich kündbar ist, das heißt ja auch, dass sowohl der Kunde als auch das Unternehmen kündigen können. Wie Drillisch das handhaben wird, ist allerdings offen.
Bei Verträgen mit 24-Monats-Laufzeit könnte es wiederum anders aussehen. Zumindest die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) bei WinSim sprechen hier aber eine recht klare Sprache: “Übt der Kunde sein Widerspruchsrecht aus, wird der Vertrag bezüglich der einzelnen vom Widerspruch umfassten Regelungen zu den bisherigen Geschäftsbedingungen fortgesetzt.”
Demnach müsste der Vertrag zu den bisherigen Konditionen weiterlaufen.
Wie sieht die rechtliche Situation aus? Das sagt die Verbraucherzentrale
Dass der Vertrag bei einem Widerspruch weiterlaufen müsste, das bestätigen auch die Verbraucherschützer. Auf Anfrage bei der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz teilte mir eine Sprecherin mit: “Der Widerspruch begründet kein außerordentliches Kündigungsrecht.” WinSim könne allerdings zum Laufzeitende ordnungsgemäß kündigen – das sei abhängig von der Laufzeit des jeweiligen Vertrags.
Auch dürfe WinSim den Tarif nachträglich nicht ändern, wenn Kunden widersprechen. “Das ist rechtlich nicht möglich”, erklärte die Sprecherin. “WinSim muss weiterhin seine vertraglichen Pflichten erfüllen.”
Für WinSim-Kunden mit einem 24-Monats-Vertrag bedeutet das: Wenn sie widersprechen, müsste ihr Vertrag zumindest bis zum Ende der regulären Laufzeit zu den bisherigen Konditionen weiterlaufen. Kunden mit einer kurzen Laufzeit könne aber fristgerecht gekündigt werden, so die Verbraucherschützer. Die Entscheidung darüber liege bei WinSim.
Generell sei die Art, wie WinSim seine Kunden über die Preiserhöhung informiert, nicht in Ordnung. So fehle in dem Informationsschreiben unter anderem ein Hinweis darauf, was passiere, wenn der Kunde nicht reagiert, bemängelt die Verbraucherzentrale. “Der Kunde müsste darauf hingewiesen werden, dass sein Schweigen zur Folge hat, dass die mitgeteilten Änderungen als genehmigt gelten.” Das sei in dem Informationsschreiben, das Kunden online vorfinden, nicht der Fall.
Die Verbraucherschützer raten den Kunden grundsätzlich, der Vertragsänderung zu widersprechen. “Dann muss der Vertrag zu den bisherigen Geschäftsbedingungen fortgesetzt werden.” Zudem sollten Kunden sich rechtzeitig vor Laufzeitende nach Angeboten anderer Anbieter umsehen – und dort eventuell einen anderen Vertrag abzuschließen. Wer unsicher ist, der kann sich bei den Verbraucherzentralen beraten lassen.
Der Hintergrund: Steigende EU-Roaming-Kosten?
Drillisch sieht sich zu diesem Schritt möglicherweise gezwungen, weil es seinen Kunden ab dem 15. Juni 2017 kostenfreies Roaming ermöglichen muss. Das heißt: Kunden können die Leistungen ihres Vertrags dann auch im EU-Ausland nutzen, ohne etwas extra zu zahlen. Das ist für den Provider aus zwei Gründen problematisch:
- Die Einnahmen aus den EU-Roaming-Gebühren fallen komplett weg. Wie hoch diese waren, ist zwar unklar. Man kann aber davon ausgehen, dass viele Nutzer ihr Handy im Sommerurlaub im Ausland genutzt haben – und damit einiges an Zusatz-Einnahmen in die Kassen des Unternehmens gespült haben.
- Das kostenfreie Roaming kostet das Unternehmen Geld. Denn wenn ein Kunde in Spanien seine 3 GB Datenvolumen nutzt, dann muss Drillisch dafür an den spanischen Netzbetreiber Geld zahlen. Maximal sind das ab Mitte Juni 2017 maximal 7,70 Euro Euro pro Gigabyte. Dem Unternehmen entstehen also Zusatz-Kosten – wie hoch die letztlich ausfallen, ist aber nur schwer zu kalkulieren.
Offiziell sagt Drillisch allerdings, dass die Preiserhöhung nichts mit der neuen EU-Regelung zu tun habe. Gegenüber Spiegel Online erklärte der Anbieter, dies sei eine “normale Preisanpassung”, die unter anderem mit höheren Kosten bei Personalschulungen und Energie zusammenhänge.
Interessant ist allerdings, dass das Social-Media-Team von WinSim das wohl irgendwie nicht so richtig mitgekriegt hat. Denn auf seiner Facebook-Seite schreibt WinSim auf die verärgerte Anfrage eines Nutzers:
“Wie dir vielleicht bereits bekannt ist, fallen die EU-Aufschläge für die Nutzung deines Tarifes im EU-Ausland ab dem 15.06.2017 weg. Die Nutzung deiner SIM-Karte im Ausland ist für uns daher teurer als in Deutschland. Zusätzlich fallen die Roaminggebühren für dich nicht mehr an, wir müssen diese jedoch weiterhin begleichen. Hier mussten wir daher entsprechend reagieren.”